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Wandel und Zukunft der Marktforschung in Unternehmen Veranstaltungsbericht zum virtuellen Regionalabend aus Berlin-Brandenburg am 3. September 2020

110 Teilnehmer verfolgten am 3.9.2020 virtuell und überregional einen spannenden ESOMAR-Studienimpuls und eine hochkarätige Podiumsdiskussion unter Marktforschern verschiedener Unternehmen

Auf welche Herausforderungen und Veränderungen müssen betriebliche Marktforscherinnen und Marktforscher derzeit reagieren? Welche neuen Aufgabenfelder und mögliche Lösungsansätze zeichnen sich für die Zukunft ab? Zu diesen Kernfragen bot der virtuelle Abend auf vielfältige Weise Orientierung.

Christoph Welter, ESOMAR Country Representative Deutschland), und Co-Autor David Smith stellten einführend mit einem Impulsvortrag Ergebnisse aus einer internationalen Befragung von Unternehmensmarktforscher/innen vor. In der ESOMAR-Studie "How to demonstrate the value of investing in customer insight" stand ursprünglich die Frage nach dem Return on Insight Investment (ROI) im Zentrum. Eine sehr betriebswirtschaftliche Fragestellung also, die über die Wertschöpfung von Insights im Unternehmen reflektierte. Basierend auf den Studienergebnissen lassen sich die wesentlichen Herausforderungen für die Marktforschung der Zukunft plakativ mit der Formel „faster, better, cheaper and deeper“ auf den Punkt bringen. Darüber hinaus jedoch ist in Zukunft v.a. ein Allrounder gefragt, der die verschiedenen betrieblichen Datenquellen integrieren und in eine sinnvolle Story übersetzen soll.

An diese Thesen knüpfte eine Podiumsdiskussion mit deutschen Unternehmensmarktforscher/innen an. Yvonne Engler, Bayer, Susanne Stahl, Kao Germany, Anja Strauss, Carl Zeiss Meditec, Sebastian Syperek, Deutsche Bahn,/DB Vertrieb, und Martin Wysterski, idealo, umrissen ein durchaus differenziertes Bild der Unternehmensmarktforschung in Deutschland. In ihren Eingangsstatements über die jeweils relevanten Herausforderungen in ihren Unternehmen wurde jedoch deutlich: obwohl sich Organisationsstrukturen, Geschäftsgegenstände und damit Forschungsschwerpunkte sowie Branchenbesonderheiten der verschiedenen Unternehmen voneinander unterscheiden, gibt es dennoch Gemeinsamkeiten: zukünftige Unternehmensmarktforscher/innen sollten sich als Generalisten, als Vermittler/innen zwischen verschiedenen Datenquellen, Methoden und Ergebnissen verstehen. Dabei geht es nicht nur um die Vermittlung zwischen verschiedenen Insights und Daten, sondern auch um die Brücke zwischen unterschiedlichen Arbeitswelten: die Sprache und Logik der Data Analytics ist eine andere als die der Insights Manager. Hier zwischen den Welten zu vermitteln und eine gemeinsame Perspektive und Story zu schaffen, das wird die Aufgabe der Marktforscher/innen im Wesentlichen charakterisieren.

Einig waren sich die Podiumsteilnehmer auch darüber, dass sich die Unternehmensmarktforschung der zunehmenden Beschleunigung und agilen Transformation anpassen muss und selbst die Chancen der Digitalisierung aktiv ausschöpfen müsse. Konkrete Best Practise – Reaktionen sind hier die Zunahme von DIY, wie zum Beispiel bei der Kundenfeedbackplattform DB-Kundenblick oder der Aufbau einer KI – unterstützten Knowledge-Plattform bei der Bayer AG.

Umstrittener war der Umgang mit verwandten Disziplinen wie Data Analytics oder UX. Während einerseits eine Datenintegration, Wissensverdichtung und das Verbinden von Datenpunkten als wünschenswert beschrieben wurde, wird andererseits eine weitere Fragmentierung, Kompetenzgerangel und der Kampf über die Datenhoheit dieser neuen Datenquellen befürchtet.

Ebenfalls kontrovers wurde die Frage diskutiert, wie sich die Anforderungen an die Qualifikationen des Marktforschers verändern werden. Während einerseits für eine stärkere Orientierung am Generalisten argumentiert wurde, sahen andere eine Ergänzung der fortbestehenden etablierten Rollen, wie dem Methodenexperten oder dem Kundenversteher. Gelingt es dem Marktforscher als strategischer Businesspartner auftzutreten, der Innovationen vorantreibt und als Storyteller den Mehrwert von Insights anderen Bezugsgruppen verdeutlicht, kann er seine Relevanz im Unternehmen steigern.

Susanne Stahl etablierte hier zum Beispiel Insight Salons und betonte die Bedeutung von frühem Trendmonitoring, um die strategische Relevanz zu erhöhen.

Einig waren sich die Podiumsteilnehmer, dass trotz der Zunahme von DIY-Marktforschung Institutspartner als Experten für komplexe quantitative Methoden sowie qualitative Forschung unstrittig relevant bleiben. Neben dem Qualitätsanspruch wurde das zusätzlich mit der Auslagerung der notwendigen Kapazitäten begründet.

Die Thesen und die Diskussion der Veranstaltung wurden auf dem digitalen Whiteboard Miro dokumentiert (siehe Abbildung), so dass die Ergebnisse des Abends für alle noch einmal zusammengefasst und sichtbar wurden.

Dr. Barbara Lang
Matthias Wenzel

Regionalleitung Berlin-Brandenburg

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