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ePrivacy-Verordnung der EU kann Marktforschung erheblich beeinflussen 08.11.2017 / Branchennews / Prof. Dr. Raimund Wildner

Ab Mai 2018 ist die neue Datenschutzgrundverordnung der EU anzuwenden – das ist mittlerweile bekannt. Die Änderungen sind nicht unerheblich. Dennoch: Die Marktforschungsbranche kann wohl auch aufgrund der in Artikel 89 aufgeführten Sonderregelungen für wissenschaftliche, historische und statistische Forschungszwecke damit leben. Wichtig dabei ist, dass diese Ausnahmen auch für die Marktforschungsbranche tatsächlich greifen. Hier hat die EU deutlich gemacht, dass auch private Auftragsforschung als Forschung anzusehen ist. Das ist die gute Nachricht.

Doch das ist nicht alles. Ebenfalls im Mai 2018 soll auch eine neue ePrivacy-Verordnung in Kraft treten, die den Datenschutz bei elektronischer Kommunikation regeln wird. Wenn das so kommt, wie es am 26. Oktober vom Europäischen Parlament verabschiedet wurde, dann hat das nicht unerhebliche Auswirkungen für die Markt- und Sozialforschungsbranche. Wer will findet den Entwurf auf der Website des Europäischen Parlaments als herunterladbares Dokument.

Wichtigste Änderung: Jede Nutzung elektronisch erhobener Daten bedarf künftig einer Erlaubnis­norm. Wie beim Datenschutz gilt also auch hier: Was nicht erlaubt ist, das ist verboten. Und auch hier drohen drastische Strafen: Bis zu 20 Mio. Euro oder bis zu 4% des weltweiten Umsatzes, je nachdem was höher ist (Art. 23).

Die Nutzung elektronisch erhobener Daten beinhaltet explizit auch solche Daten, die außer den eigentlichen Kommunikationsinhalten (wie z.B. die Daten des ausgefüllten online-Fragebogens oder die Antworten einer Telefonumfrage) bei der Kommunikation nebenbei anfallen und die als Metadaten bezeichnet werden (Artikel 5). Beispiele dafür sind: Das Setzen und die Nutzung von Cookies, die z.B. verwendet werden, um Personen welche einen Fragebogen schon ausgefüllt haben nicht noch einmal zu befragen. Oder die Zeit, die für das Ausfüllen eines Fragebogens insgesamt oder auch jeder einzelnen Frage aufgewendet wurde, was in der Online-Forschung durchaus ein wichtiges Qualitätsmerkmal ist. Oder aber auch für die Merkmale des Rechners, wie den verwendeten Rechnertyp, den Browser oder das Betriebssystem, also Merkmale, die oft verwendet werden, um mit Hilfe des „electronic fingerprintings“ doppelt ausgefüllte Fragebögen zu identifizieren. Wohlgemerkt: Das sind nur Beispiele.

Artikel 6 nennt Erlaubnisgründe, welche es ermöglichen auch solche Daten zu verwenden. Dazu zählen die Abrechnung, die technische Aufrechterhaltung des Systems und Ähnliches. Das sind Punkte, aus denen sich für einen Marktforscher keine Begründung gewinnen lässt. Das Wort „Research“ sucht man vergeblich. Ausnahmen für Forschung sind wohl derzeit nicht vorgesehen. Letztlich bleibt als Erlaubnisnorm wohl nur die Zustimmung, die natürlich informiert und explizit zu erfolgen hat.

Auf jeden Fall gilt: Wenn es so kommt wie es derzeit geplant ist, dann sind die Änderungen durch die ePrivacy-Verordnung gerade für unsere Branche erheblich und wir sollten darauf vorbereitet sein.

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